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15.08.2014

Sprachreise: Düsseldorf & Köln 2014


Stadthotel Düsseldorf
im Kölpinghaus



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Kommentare dazu:

Chris schrieb am 15.08.2014:
Erinnerung oder Illusion?
Düsseldorf 1964 - 2014

Als mein Flugzeug in Düsseldorf gelandet ist, bin ich innerlich zu meinem ersten Besuch in die Stadt - was auch mein erste Reise im Ausland war - unvermeidlich zurückgezogen worden.

Dieses hat vor genau fünfzig Jahren stattgefunden, d.h., im Sommer 1964, als Teil eines Schulaustausches. Im Frühling hatten mein Austauschpartner und seine Schulkameraden uns in London besucht, und nun mussten wir zu ihnen nach Düsseldorf fahren, um bei ihren Familien drei Wochen zu wohnen, und zwar zu Hause, was (obwohl es heutzutage kaum zu glauben ist) in dieser Zeit die Regel war. Der Austausch war gut veranstaltet worden - in Düsseldorf, hatten wir die Gelegenheit, eine Reise in einem Rheindampfer zu machen, den Kölner Dom zu besichtigen, Wuppertal und seinen Tierpark zu besuchen, und mehr. Wenn ich daran denke, kommen mir auch ins Gehirn Erinnerungen an Schwimmpartys an einem kleinen See, an die unglaublich schönen Mädchen, die auch daran teilgenommen haben, an lange Radfahrten auf dem Lande und durch den dunklen, kühlen Wald am Abend.

Leider muss ich auch berichten, dass Harald und ich bei seinem Besuch bei uns nicht besonders gut miteinander ausgekommen sind. Und als wir wieder zusammen bei ihm waren, ist es noch schlimmer geworden. Wer von uns die Schuld dafür tragen muss, und wie es dazu gekommen ist, weiß ich nicht, aber es ist endlich passiert, dass seine arme Mutter treppauf eilen musste, um unseren Streit sofort zu unterbrechen. Als sie die Tür aufwarf, hat sie uns mitten im Kampf gefunden, ihn mit einer Eisenstange in der Hand und mich mit einem Schwert ....

Sicher waren wir keine gute Kombination. Ich, darf man sagen, ein allzu typischer englischer Teen - mein Partner war viel selbstsicherer, ein fünfzehnjähriger Frauenschwärmer, der in London dazu fähig gewesen war, ein Mädchen aus der Heilsarmee anzubaggern, als sie die Posaune an einer Strassenecke spielte. Und wie bei allen diesen deutschen Jungen, war sein English viel besser als unser Deutsch, womit wir uns nur achtzehn Monate in der Schule beschäftigt hatten. Harald und seine Freunde hatten English seit ihren frühen Schuljahren gelernt. Für sie war die englische Sprache allerdings überall zu finden - ständig lungerten sie im amerikanischen Lager in ihrer Nähe herum, und wenn sie ihre englische Umgangssprache noch verbessern wollten, konnten sie den Beatles zuhören.

Oder vielleicht erlebten er und ich die Geschichte des zweiten Weltkriegs in Miniatur wieder. Noch 1964 - am Ende des ´Wirtschaftswunders´ - befand sich ein sichtbarer Beweis des Krieges, und zwar nicht nur das US-Lager. Der Wiederaufbau der Stadt war nicht ganz fertig, ab und zu gab es die Grundrisse eines zerstörten Gebäudes oder einen leeren Raum mitten in der Stadt. Einmal haben wir Haralds Verwandte in Essen besucht - sie wohnten in einer Reihe alter Häuser, von denen einige noch Bombenschaden trugen und andere ganz fehlten. Jenseits ihres Hauses war ein Haufen gebrochener Backsteine und anderer beschädigter Baustoffe, fast begraben unter einem Dschungel von Unkräutern. Ich habe eine Ratte darin gesehen, fast so gross wie ein Dackel. Und einmal hat Haralds Vater, ein netter, rühiger Mensch, mir etwas über seine Erfahrungen in Hitlers Armee an der Ostfront erzählt. Seine ziemlich hohe Stimme ist laut seiner Tochter davon gekommen, dass er in Stalingrad in den Hals geschossen wurde und im fast allerletzten Flug hinaus entkommen ist, kurz bevor die Russen es endlich erledigt haben, die letzte Startbahn zu schliessen.

Doch hatte mein Besuch in Düsseldorf zwei Zwecke. Natürlich würde ich ein angenehmes Wochenende mit einigen meiner heutigen deutschsprachigen Freunde verbringen. Aber auch konnte ich eine kleine Reise in diesen doppeldeutigen Teil meiner Vergangenheit machen. Zum Glück gab es eine Strassenbahn um die Ecke von unserem Hotel, die direkt in den Vorort fuhr, wo ich vor 50 Jahren meine drei Wochen gewohnt hatte. Kurz nach meiner Ankunft im Hotel befand ich mich doch wieder in der Strasse in Eller - und alles sah ganz anders aus, als ich mich erinnerte.

In meinem Kopf hatte ich eine kleine Gasse, die vom Haus nach einer breiteren Hauptstrasse mit vielem Verkehr fuhr. Hier aber war eine ziemlich grosse Strasse, keine Gasse mehr. Und die Hausnummer, die ich im Kopf hatte - 50 - gab es nicht. Die Erinnerung kann aber lügen, und hier, Nummer 44, gibt´s ein Haus, das meinem Gedächtnis ganz nah entspricht. Und wenn man die kurze private Gasse nervös entlang geht, die von der Strasse in den Hinterhof führt, sieht nicht etwa alles gewohnt aus? Kein Gras, keine Blumenbeete, kein Wachshäuschen mehr, stattdessen Beton und Parkplätze, aber hier in familiären Stellen, älter, höher, und dicker, stehen nicht die zwei Bäume? Und hier ist die Treppe zum ersten Stock hinauf. Am Ende des Hofes befindet sich auch ein kleines Nebengebäude, das diesem so ähnlich sieht, wo vor fünfzig Jahren die türkischen Gastarbeiter wohnten, die uns einmal zu einer ihrer Feiern, mit Bauchtänzerinnen, eingeladen haben.

Das Gedächtnis kann uns Streiche spielen. Sicher hat das alte Ehepaar, das auf einem Balkon in der Sonne sass, mir erklärt, dass sie nie von dieser Familie X gehört hatten, obwohl sie im Gebäude zwanzig Jahre lang gewohnt haben. Sieht diese Dame nicht etwas bekannt aus? Nein, das wäre eine Unmöglichkeit. Und es mag wohl auch sein, dass dieses unheimliche Gefühl, dass die Schichten der Vergangenheit und Gegenwart sich vor meinen Augen einblendeten und übereinander lagerten, nur meine eigene willkürliche Illusion war. Hatte ich das richtige Haus entdeckt?



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