Gedanken zum Februar 2001
Der Februar
Nordwind bläst. Und Südwind weht. Und es schneit. Und taut. Und schneit. Und indes die Zeit vergeht, bleibt ja doch nur eins: die Zeit.
Pünktlich holt sie aus der Truhe falschen Bart und goldnen Kram. Pünktlich sperrt sie in die Truhe Sorgenkleid und falsche Scham.
In Brokat und seidnen Resten, eine Maske vorm Gesicht, kommt sie dann zu unsren Festen. Wir erkennen sie nur nicht.
Bei Trompeten und Gitarren drehn wir uns im Labyrinth und sind aufgeputzt wie Narren, um zu schreien, was wir sind.
Unsre Orden sind Attrappe. Bunter Schnee ist aus Papier. Unsre Nasen sind aus Pappe. Und aus welchem Stoff sind wir?
Bleich, als sähe er Gespenster, mustert uns Prinz Karneval. Aschermittwoch starrt durchs Fenster. Und die Zeit verlässt den Saal.
Pünktlich legt sie in die Truhe das Vorüber und Vorbei. Pünktlich holt sie aus der Truhe Sorgenkleid und Einerlei.
Nordwind bläst. Und Südwind weht. Und es schneit. Und taut. Und schneit. Und indes die Zeit vergeht, bleibt uns doch nur eins: die Zeit.
Erich Kästner (1899-1974), Die dreizehn Monate (1955)
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