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"Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin, und jage
die letzte Süße in den schweren Wein."

Aus: Rainer Maria Rilke, Herbsttag - weiterlesen...

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Gedanken zum September 2004

Monat September
 
Dies ist der Monat der stiller werdenden Tage, des karmesinroten wilden Weins und der saftigen Brombeeren, der heiteren Nachmittage im reifenden Garten.
Dieser Monat hat etwas an sich, das an den März erinnert und an frühe Apriltage, wenn der Frühling noch zögernd auf der Schwelle steht und der Garten erwartungsvoll den Atem anhält. Milde ist in der Luft, Himmel und Gras mischen ihre Farben. Nur das Laub erzählt eine andere Geschichte, und der sich rötende wilde Wein am Haus nähert sich rasch seiner letzten und schönsten Prachtentfaltung. Von einer Jahreszeit in die andere ...

In einem der größten Trachtenumzüge der Welt sind am Sonntag, dem 19. September, in München rund 8.300 Trachtler, Schützen und Musikanten in farbenprächtigen Gewändern zum Oktoberfest gezogen. Wer nicht dabei war, konnte sich diese Großveranstaltung im Fernsehen, in der ARD, ansehen.
Bei strahlendem Sonnenschein erreichte der Zug mit blumengeschmückten Kutschen, Kapellen, Sport- und Gebirgsschützen, Jagdhornbläsern, Spielmannszügen und Fahnenschwingern den Festplatz auf der Theresienwiese. Zehntausende Schaulustige warteten an den Straßen, um den Vorbeiziehenden zuzuwinken. Das "Münchner Kindl" zu Pferde führte den sieben Kilometer langen Zug an.

Vor dem Bildschirm war Sitzenbleiben angesagt, wenn man sich an diesem Sonntag noch für ein anderes Ereignis in Deutschland interessierte: für die Landtagswahlen in den neuen Bundesländern Sachsen und Brandenburg. Der Presseclub im WDR gab seiner Sendung um 12.00 Uhr den Titel: "Der große Zweifel an der Politik / Radikale und Nichtwähler gewinnen an Zulauf". Im Vorfeld dieser Wahlen war die Befindlichkeit der Deutschen "hüben wie drüben" als "frustriert und von der Politik enttäuscht" eingeschätzt worden.
Beide Ereignisse führen uns nach hoffentlich erholsamen Sommermonaten wieder mitten in zentrale Anliegen unseres E-Learning-Sprachprogramms.
Zum einen versuchen wir, Traditionen und Brauchtum der Deutschen den an unserer Muttersprache stark interessierten Programmnutzer/-innen nahe zu bringen, insbesondere in diesen frühen Tagen eines wachsenden Europas, wo Identität mit dem eigenen Land und Kooperation mit dem Ganzen geübt werden müssen.
Zum anderen brennt uns die deutsche Gegenwart unter den Nägeln und sollte als ein Teil der immer grenzenloseren Welt gesehen werden. Tatsache ist: Das Fernsehen weltweit übertrug an jenem Wahlsonntag auch die Ergebnisse über die zunehmende Schwäche der etablierten Parteien SPD und CDU und das befürchtete Erstarken der rechtsextremen Kräfte. Die im Vorfeld der Wahlen erstellten Umfragen bestätigten sich: Sowohl der DVU in Brandenburg als auch der NPD in Sachsen gelang der Sprung in die Parlamente.
Wir erinnern an das Bündnis für Demokratie und Toleranz", gegründet vor 4 Jahren. Mehr als 300 000 Menschen demonstrierten in Berlin zum 9. November mit dem Willen: "Wir stehen auf für Menschlichkeit und Toleranz". Seit dem 9. September 2001 beherrschen dann aber weitgehend andere Themen die Schlagzeilen: Anti-Terrorkampf, der Irak-Krieg und die weltpolitisch destabilisierenden Folgen. Natürlich auch die Eu-Erweiterung, die Diskussionen um die Agenda 2010 der deutschen Bundesregierung und vor allem in den letzten Wochen Proteste gegen Hartz IV.
"Zum Nulltarif ist die Stärkung demokratischer Strukturen nicht zu haben!", so der Berliner Integrationsbeauftragte nach den Wahlen in Sachsen und Brandenburg. Diese Schlussfolgerung müsste eigentlich alle genannten Handlungsfelder durchziehen. Jeder weiß. dass allein moralische Appelle Menschen nicht verändern. Entscheidend ist, wie sie selbst Demokratie in ihrem Alltag und in ganz praktischen Zusammenhängen erfahren.

Unter dem Eindruck des „Erfolgs“ der rechten nationalistischen Bewegungen gewinnt die interkulturelle Bildung und Erziehung in Lernumgebungen wieder eine größere Rolle. Warum? Interkulturelles Lernen ist unverzichtbar. "Es ist - in aller Kürze gesagt - notwendig, um sich Kompetenzen anzueignen, mit fremden Menschen, mit Dingen, die einem nicht vertraut sind, umzugehen. In der heutigen Welt ist man mehr denn je gezwungen, sich mit anderen Lebensweisen und anderen Kulturen auseinander zu setzen. Ein Denken in homogenen Weltbildern, das das Andere negiert, ist wirklichkeitsfremd oder führt - im schlimmeren Fall - zu fremdenfeindlichen und rassistischen Einstellungen", so finden wir es zusammengefasst in der Dokumentation von "Bündnis für Demokratie und Toleranz". Weitere Ausführungen dort können vielleicht auch unseren ausländischen Lehrern in ihren Ländern als Orientierungsrahmen dienen.
Jeder fünfte sächsische Erstwähler kreuzte NPD an. Hier werden unsere Deutsch-Kundigen doppelt aufmerksam, denn diese erschreckende Bilanz berührt auch das Thema der deutschen Einheit, das in jedem Herbst im Themen-Curriculum ganz besonders herausragt und über das man sich der Montagsdemonstrationen im Herbst 1989 in Leipzig erinnert. Allen Vorwürfen zum Trotz, "dass so viele Menschen dort sich dazu verleiten lassen, ihr heute selbstverständlich risikofreies Demonstrationsrecht zu benutzen, um gegen ein notwendiges Gesetz zu protestieren (H. Schmidt, "Die Zeit" 36/2004: Was der Osten wirklich braucht) wurde seit August wieder in Leipzig und anderen Städten gegen die Reformen zum bisherigen Sozialstaat demonstriert. Ehrlich und objektiv gibt Bernd Ulrich in „Die Zeit“ 39/2004: „Wie wär's mit Zuhören?“ zu: "All die Härten und Herausforderungen, die nun das ganze Land treffen, wirken sich in den neuen Bundesländern noch stärker aus, weil sie schwächer sind."
Die inhaltliche und sprachliche Vorbereitung zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober, nach 15 Jahren Mauerfall, wird sich damit befassen müssen, dass die Proteste vor allem Ausdruck eines tiefer liegenden und dauerhafteren Missvergnügens sind, das Hartz IV selbst gleichsam als einen letzten Tropfen ansehen lässt, der das Fass der Deklassierungsformen zum Überlaufen bringe. Interessieren Sie differenziertere Einsichten, dann lesen Sie dazu: „Montagsdemonstrationen: Der Protest im Osten ist auch eine Generalabrechnung mit dem Einigungsprozess" von Matthias Geis, in: „Die Zeit“ 36/2004 auf der Seite 3.

Die Menschen im Osten fragen sich natürlich: Warum musste es 15 Jahre dauern, bis mit der Gesundheitsreform ostdeutsche Erfahrungen wieder Beachtung in der deutschen Gesundheitspolitik finden? Als Beispiel führt die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt im Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2004 die Zulassung der medizinischen Versorgungszentren - basierend auf den Erfahrungen der Polikliniken - in allen Bundesländern an. Es ist ein großes Verdienst von Regine Hildebrandt, dass sie "Nein" sagte zum Abbau der Polikliniken. Im Gegensatz zu den anderen neuen Bundesländern wurden 1991 in Brandenburg Polikliniken im Grundsatz erhalten.
Auch im Bildungswesen werden Stimmen dafür laut, produktive Erfahrungen der DDR im bundesdeutschen Schulsystem zu nutzen und auch dadurch die Probleme der PISA-Studie zu lösen. Trotz steigender Kooperation zwischen Wirtschaft und Schule bleiben die Naturwissenschaften an vielen Schulen ein Stiefkind: " [...] Ich bin bis zum 13. Lebensjahr mit dem polytechnischen Unterricht in der DDR groß geworden, als Bub von elf Jahren habe ich vier Wochen lang an einer Drehbank gestanden und gebohrt und gefeilt. Das hat mir sehr geholfen ", berichtet Winfried Sturm, "Lehrer des Jahres 2004" in einem Interview mit SPIEGEL ONLINE. Dieser engagierte und Vertrauen erweckende Lehrer berichtet auf dem Hintergrund der aktuellen OECD-Lehrerstudie, nach der die deutschen Pädagogen erneut in der Kritik stehen: „Überbezahlt, überaltert und untermotiviert“ seien sie. Winfried Sturm, geehrter Lehrer des Jahres 2004, verteidigt im Interview seinen Berufsstand. Er exemplifiziert den Typ von Lehren und Lernen, den wir in unserer Lerneinheit "Bildungs-Spezial" vom Jahr 2002 vorgestellt haben, indem er die Formel lebt: Wissen + Energie, Engagement und Eigeninitiative.
Wir sind wohl beraten, den Vorschlag der Unternehmensberaterin Mei-Pochtler, Geschäftsführerin von Boston Consulting (BCG), noch einmal aufzugreifen, schon im Kindergarten die Kernfähigkeiten als Lernziele zu definieren und kindgemäß umzusetzen. Ansätze dafür, die frühkindliche Bildung in Deutschland ernst zu nehmen, werden in der Nachfrage nach Kinder-Universitäten sichtbar. Wir ergänzten unser Themen-Spezial "Bildung & Erziehung in diesem Herbst um die Lerneinheit: "Die sind auch völlig ungeniert im Fragen und Staunen", ausgehend von den vergnüglichen Erfahrungen, die der Pionier der Kinderunis, der Physiker Joachim Treusch, bei seinen Kinder-Vorlesungen gesammelt hat. Hier fällt uns Erich Kästners Aphorismus über die Kindheit ein, mit dem wir unsere September-Gedanken vom Vorjahr beendeten: „[...] Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch".

Es ist nicht zu übersehen - im Sommer stehen immer viele Speditionsautos auf den Straßen. Dreimal umgezogen ist so gut wie einmal abgebrannt, sagt der Volksmund. Eine unserer Programmnutzerinnen ist von London nach Frankfurt/Main gezogen und hat die meisten Schwierigkeiten nun damit, in deutscher Sprache den Waschmaschinen-Reparateur oder das Fach-Chinesisch der Bedienungsanleitungen zu verstehen. Wir danken ihr für diesen Anstoß, unser Themen-Arsenal zu "Markt & Alltag" mit diversen Abteilungen zu Rat & Tat kräftig aufzufüllen.
Und wir möchten ihr viel Schwung dafür wünschen, in ihrer Arbeitsstube die Bücher wieder in die Regale zu stellen. Wir alle wissen von deren viel beschriebener Kraft, uns zu verjüngen, uns zusammen zu halten und unsere Tage zu verstehen.
Eduard Mörike, er lebte von 1804 – 1875 im Schwäbischen, begleitete schon viele Generationen mit seinen Versen zum Jahreskreis. Wir feierten im September dieses Jahres den 200. Geburtstag des Dichters.

Lesen Sie ein Beispiel seiner Lyrik:

Septembermorgen

Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
Im warmen Golde fließen.

Ihnen im Sinne von alldem warme und sonnige Herbsttage

Ihre Projektgruppe

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