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"Wer dabei war, muß erzählen. Noch im Spätsommer 1990 - da war die Mauer lange weg, die Zöllner verschwunden, die Währungsunion vollzogen - noch damals dachte ich unwillkürlich: Du fährst nachher nach Westberlin. Wieviel Geld hast du bei dir? (Um es dem Zoll erklären zu können, falls er fragte.) Hast du ein Stück Manuskript einstecken? (Das der Zoll finden könnte?) Er hatte manchmal danach gefragt oder gesucht.
Anstatt von der Straßenbahn 46 am "Nordbahnhof" in die U-Bahn umzusteigen, oder besser noch "Oranienburger Tor", blieb man sitzen, weil man schon nicht mehr wußte, wo Eingänge sich geöffnet hatten. Die Mauer im Kopf stand länger als die aus Beton.
Zum anderen hatte sich die erbaute Mauer als Grenze nie ganz im Verstand aufrichten können."
Aus: Heinz Knobloch, Michael Richter, Thomas Wenzel, "Geisterbahnhöfe. Westlinien unter Ostberlin", Ch. Links Verlag, S. 13

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Gedanken zum November 2004

Monat November
 
"Der Winter sitzt schon auf den kahlen Zweigen. Es regnet, Freunde. Und der Rest ist Schweigen." So sah Erich Kästner (1899-1974) vor Jahrzehnten den November, und natürlich müssen wir ihn immer wieder so erleben. Das jedenfalls ergibt der Blick auf die Wetterkarte auch in unseren Tagen. Tief "Miri" sorgt für nasskaltes, windiges Klima in Mitteleuropa. Dann gibt es vielleicht weniger Nebel, prophezeien die „es – gutmeinenden“ Wetterfrösche. Aber düster-dämmrig wird es am Spätnachmittag immer eher, bleibt es am Morgen immer länger. Tag für Tag bis zum 21. Dezember ...

Grund genug, nach Lichtblicken auszuschauen. Mit Freude nahmen wir Anfang November die Tatsache wahr: Das Handwerk hat die Zahl der abgeschlossenen Lehrverträge zum Stichtag 31. Oktober gegenüber dem Vorjahr steigern können.
Wir erinnern an den frisch gebackenen Azubi Christian Klömich aus Erfurt. Er hatte den 4.000sten Ausbildungsvertrag im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt abgeschlossen und begann eine Lehre zum IT-Systemkaufmann in der sWs Gesellschaft für Computer und Softwaretechnologie mbH Erfurt. Aus Neugier schauten wir gleich noch einmal im Internetauftritt der IHK Erfurt nach und fanden dort, wie gerufen, die "Zwischenbilanz Thüringer Pakt für Ausbildung 2004". Dieser Bericht sei für uns Zusammenfassung und Ausblick zugleich für das dringende Problem in jedem Herbst: Jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen ist ein Ausbildungsangebot zu unterbreiten. Der Präsident der IHK-Erfurt Niels Lund Chrestensen unterstrich vehement, die Betriebe der Thüringer Industrie- und Handelskammern steigern ihr betriebliches Lehrstellenangebot gegenüber dem Vorjahr beträchtlich – nämlich um absolut 684 Plätze.
Wir werden die Ausbildungssituation vor Ort weiter verfolgen, vor allem auch die Sorge von IHK-Hauptgeschäftsführer Gerald Grusser um die hohe Zahl der Vertragsauflösungen, die er schon im September geäußert hatte. Seit Lehrjahresbeginn hätten 33 Jugendliche bereits während der Probezeit die Ausbildung abgebrochen und weitere 128 hätten sie gar nicht erst angetreten. Da bleiben Ursachen rasch zu analysieren. Was sind außer Desinteresse und Unreife mögliche Gründe?

Indem wir die Dokumentation über jenes "beträchtliche" Plus von Lehrverträgen gegenüber dem Vorjahr so genau hervorheben, knüpfen wir an die Forderung von Bernd Ulrich in „DIE ZEIT" 39/2004 an, schon in unseren "Gedanken zum Oktober" zitiert: "Im Osten kann nur noch das besser werden, was die Menschen, die dort leben, selber besser machen". IHK-Präsident Chrestensen betonte ja absichtlich die Steigerung gegenüber dem Vorjahr („nämlich um absolut 684 Plätze“), um Verdächtigungen anderslautender Darstellungen in der gegenwärtigen Ost-West-Debatte entgegenzuwirken, in denen er das hervorragende Engagement seiner Regionalwirtschaft „diffamiert und diskreditiert“ sieht. Wir kommen auf diese Problematik in den ostdeutschen Regionen noch einmal zurück.
Die in unserer Linksammlung begonnene Dokumentation zur Lerneinheit "14 Jahre deutsche Einheit" vom Oktober konnten wir in "DIE ZEIT" Nr. 45/2004, gewidmet dem geschichtsträchtigen 9. November, um aufschlussreiche Beiträge ergänzen. Sicher nahmen Lehrer/-innen in Abiturklassen das Dossier wahr: Ein Klassentreffen. Hier ist über ein Wiedersehen von ehemaligen Abiturienten an der Schule mit dem anspruchsvollen Namen "Carl von Ossietzky" nach 15 Jahren Mauerfall zu lesen. Es empfiehlt sich, diese dokumentarische Publizistik für kommende Diskurse unbedingt aufzuheben. "Ein LEBEN - SPEZIAL" dieser Wochenzeitung enthält darüber hinaus Bilanzen für die Jahre nach 1989 in einem interessanten Spektrum – von der Wirtschaft bis zum Liebesleben – „in zwei Welten“.
Einen Vorgeschmack auf solche kommenden, unbedingt notwendigen Diskurse (Sie werden auch zur 15. Wiederkehr des Tages Deutscher Einheit im Oktober 2005 verstärkt in den Medien präsent sein.) gibt das „DIE ZEIT“ - Interview mit Edgar Most, Spitzenbanker in der DDR und nach der Wende Chef der Deutschen Bank in Berlin unter dem Titel: "Der Tanz mit dem Teufel". Er spricht mit neuartiger Offenheit und Deutlichkeit über die folgenschwere Tatsache der „Deindustrialisierung der Wirtschaft des Ostens Mitte der neunziger Jahre“. Damit legt er den Finger auf die schmerzhafte Wunde in den neuen Bundesländern, die vor allem in der überdurchschnittlich hohen Arbeitslosigkeit, in der demographisch sehr gefährlichen Abwanderungstendenz und in den erschreckend "schrumpfenden Städten" zu sehen ist.
Und er spricht dabei ein sowohl für die konkrete menschliche Kommunikation als für den vielbeschworenen gefährdeten Wirtschaftsstandort Ostdeutschland entscheidendes Problem an. Bei einem Klassentreffen 1992 zu Hause in Thüringen habe er sich geschämt, mit dem Mercedes (Statussymbol d.V.) vorzufahren. Fast alle seine Klassenkameraden waren arbeitslos: "Da waren Topleute dabei, Ingenieure, Chemiker, Direktoren, (Ärzte, Künstler d.V.). Alle wurden entlassen. Das sind keine Einzelfälle. Man hat das gesamte Humankapital der DDR weggeschmissen." Während Helmut Schmidt (Bundeskanzler von 1974-1982) in "DIE ZEIT" 36/2004 lakonisch meint, dass es eben jetzt nicht rückgängig zu machen sei, wohl aber im Laufe von ein bis zwei Jahrzehnten überwunden werden könne, dass fast alle "volkseigenen" Betriebe in die Hände kapitalkräftiger westdeutscher Firmen und Unternehmen und damit weitgehend in die Hände westdeutscher Manager gerieten, weil dies einem Bürger der DDR finanziell unmöglich war (36/04), spricht Most rückhaltlos aus: "Diese Fehler lassen sich nie wiedergutmachen".
Edgar Most geht aber auch mit seinen eigenen Landsleuten ins Gericht. Ihm sei es peinlich gewesen, mit anzusehen: "Wie sie die besseren Wessis sein wollten. Wie sie ihre letzte Englischvokabel hervorkramten". In Abwandlung der Überlegung Hans Martin Bury’s (Staatsminister im Auswärtigen Amt, 23. Mai 2003), dass Europa multikulturell bleiben sollte, trotz aller Hindernisse, bleibt zu bewahren: "Deutschland hatte nie das Ziel, Schmelztiegel zu sein oder zu werden. Deutschlands Stärke ist seine Vielfalt."
Auch unter diesem Aspekt bleibt das Bemühen von IHK-Präsident Chrestensen aus Erfurt, das Ausbildungsplatz-Plus in der Regionalwirtschaft Thüringens zu würdigen und zu erweitern, ausdrücklich hervorzuheben. Eigenverantwortung, Selbstverpflichtung und Leistungsbereitschaft in den neuen Bundesländern sind, wenn, wie so oft vorhanden, nicht „klein zu reden“, anders gesagt, eben nicht „zu diffamieren und zu diskreditieren“; wenn noch nicht vorhanden, sind sie zu wecken, indem ihnen faire Chancen gegeben werden. Vor allem sind sie auf nachhaltige Entwicklung zu orientieren.

Analytische Aufarbeitung der Vergangenheit (siehe E. Most, „Der Tanz mit dem Teufel“) in unserem Sprachprogramm ist immer zugleich die Suche nach Keimzellen für gesamtdeutsche, zunehmend europäische Prozesse. 2003 war die Elbe beispielhaft Schauplatz für einen Brückenschlag zwischen Ost und West. Das große Wasserstraßenkreuz in Magdeburg ist am 10. Oktober für die Binnenschifffahrt freigegeben worden. Ebenso, ein halbes Jahr nach der fehlgeschlagenen Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012, wird "Boomtown Ost" Leipzig (u.a. durch die Ansiedlung von BMW und Porsche) wieder ihrem Ruf gerecht. Im Wettbewerb um das internationale Logistik-Luftdrehkreuz der Post-Tochter DHL hat die Messestadt das Rennen gemacht. Mit der DHL-Standortentscheidung, sein europäisches Luftkreuz von Brüssel zum Flughafen Leipzig/Halle zu verlegen, wird der Wachstumskern Leipzig/Halle gestärkt. Dabei weist die Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN in bei aller Stärkung perspektivischer Tendenzen auf die widersprüchlichen Effekte dieses enormen Wirtschaftsprojekts hin: „Bei der Ansiedlung von DHL sind dabei die zusätzlichen Belastungen für die Anwohner durch Fluglärm so gering wie möglich zu halten.

Mit der Notwendigkeit, sich als größer gewordenes Europa auch in den weltpolitischen internationalen Entwicklungen der kommenden Jahre wirkungsvoll zu positionieren, wird sich das Kursprogramm weiter beschäftigen. Die weltpolitische Entwicklung nach der Wahlentscheidung in den USA und nach den veränderten Konstellationen im Nahost-Konflikt wird uns darauf drängen.

Der in der protestantischen Tradition stehende Buß- und Bettag, der allgemein in der Bevölkerung verwurzelte Toten-Gedenksonntag und der auch international alljährlich begangene Volkstrauertag rücken die vergängliche Kostbarkeit des einzelnen Menschenlebens, aber zugleich die dafür unverzichtbare Voraussetzung des Friedens in das Nachdenken und Empfinden vieler.

Ihnen fröhliche Stunden auch in trüben Novembertagen

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