Logo
Startseite || Vorwort || Hilfe || FAQ || FAQ (English) || Kosten || Kontakt || Datenschutz || Impressum

Login
Benutzer-ID:

Kennwort:

oder
registrieren
Kalender
April März Februar Januar Dezember November Oktober September August Juli Juni Mai
Vorwort Blog Blog:Unterricht Blog:Unterwegs Methodisches Notizbuch Hilfe Tech. Support H�ufige Fragen FAQ (english) Kosten Gedanken zum Monat Partner & Links Bibliografische Hinweise Impressum
< voriger Monat Jahresübersicht/Archiv nächster Monat >

"In Europa ging über den jahrzehntelangen Status quo des Kalten Krieges ein Erdrutsch hinweg, für den es kein Beispiel in der Geschichte gab. Seine Kraft war unaufhaltsam. Niemand hatte ihn so planen können, wie er kam. Keiner konnte klar übersehen, wo er münden würde. Um so entscheidender war es, seine Dynamik zu begreifen, ihn im Rahmen des Möglichen zu kanalisieren und auf einen guten Weg zu lenken."
Aus: Richard von Weizsäcker, Vier Zeiten. Erinnerungen, Siedler Verlag 1997, S. 369

zum Übungskalender
 

Gedanken zum Oktober 2005

Monat Oktober
 
Alljährlich im Oktober und November können Naturfreunde an vielen Orten Deutschlands das bezaubernde Schauspiel laut trompetender, ziehender Kraniche am Himmel beobachten. Ihre größten Sammelplätze vor dem gemeinsamen Flug ins Winterquartier in Südfrankreich, in Spanien und gar in Nordafrika liegen in der Rügen-Bock-Region am vorpommerschen Bodden, außerdem an der unteren Oder, an der Mecklenburgischen Seenplatte, im Rhinluch und im Havelländischem Luch sowie seit einigen Jahren auch in der Oberlausitz, wie bei NABU.de nachzulesen ist. Im Rhinluch seien 2005 bereits Mitte September die ersten 2.000 Vögel eingetroffen ...

„Schule – und dann?“ ist in jedem Herbst eine der großen Fragen von Eltern und ihren herangewachsenen Kindern, Lehrern, Schuldirektoren und nicht zuletzt der Wirtschaft, die spätestens seit der Post-PISA-Bewegung den Bildungsstandort Deutschland mit dem Wirtschaftsstandort Deutschland in Beziehung setzt. Uns ließ die Neugier nicht los, nach einem Jahr bei der IHK Erfurt nachzulesen, wie es dort in diesen Tagen um die Lehrstellensituation steht. In unseren „Gedanken zum Oktober 2004“ drückten wir unsere Freude darüber aus, dass Christian Klömich aus Erfurt einen Ausbildungsplatz in einem IT-Beruf bekommen hatte. Heute lesen wir über Stefanie Timming; sie beginnt in dieser Stadt im Unternehmen S. Oliver eine Lehre zur Textilverkäuferin und unterschreibt damit den 3 000. Ausbildungsvertrag, auf den die IHK Erfurt mit Stolz verweist.
Wie dort vor Ort die sozial beklemmende Situation – Jugendliche bekommen keine Chance für eine qualifizierte Ausbildung - positiv überwunden wurde, zeigt auch folgendes Beispiel: Im Oktober 2004 nahmen 148 Jugendliche – oft mit schwachen Schulnoten – in den Betrieben ein Praktikum auf, das am 31. Juli 2005 abgelaufen war. 101 Jugendliche bestanden den Praxistest insbesondere im Handel und Hotel- und Gaststättenbereich und konnten unmittelbar im Anschluss daran mit einer Ausbildung beginnen. Die so genannte „Einstiegsqualifizierung“, als erfolgreiche Brücke in die Ausbildung oder in ein Beschäftigungsverhältnis, habe damit als neues Arbeitsmarktinstrument seine Feuertaufe bestanden, unterstrich der IHK-Hauptgeschäftsführer. Zusammen mit den Agenturen für Arbeit plädiere man für dessen Fortsetzung in diesem Herbst.
Wir erinnern daran: Im vergangenen Jahr haben die Spitzenverbände der Wirtschaft und die Bundesregierung auf drei Jahre den "Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs" geschlossen. Dieser hatte nach amtlichen Meldungen erhebliche Dynamik auf dem Ausbildungsstellenmarkt gebracht.
Es bleibt zu verfolgen, ob die positive Entwicklung auch in diesem Jahr erreicht wird. Dabei stehe der Pakt laut BMBF-Berufsbildungsbericht 2005 vor einer wichtigen Bewährungsprobe, denn nach vorliegenden Prognosen sei damit zu rechnen, dass die Ausbildungsplatz-Nachfrage 2005 um bis zu 8.000 auf 626.000 benötigte Plätze ansteigt. Bislang sei die Zahl der bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Ausbildungsstellen aber rückläufig.
Es bleibt also weiter darauf zu achten, ob die Wirtschaft trotz der Umbildungsprozesse in der Regierung nach den Wahlen am 18. September und des Wahlkampfs davor jetzt zu ihrem Wort steht und sich nicht dadurch abgelenkt fühlt und sich aus der Verantwortung stiehlt. Sie muss die jährlich zugesagten 30.000 neuen Ausbildungsplätze ebenso schaffen wie die 25.000 Plätze für Einstiegsqualifizierungen, von denen wir oben schon geschrieben haben.
Wir knüpfen hier an unsere im September ausführlich beschriebenen Anstrengungen einer neuen Ganztags-Schulkultur in Deutschland an. Durch eine bessere Bildung an hiesigen Schulen könnte zugleich die Ausbildungsreife jugendlicher Bewerber und Bewerberinnen verbessert werden. Als neuen Arbeitsschwerpunkt innerhalb unseres Themenfeldes „Bildung & Erziehung“ sehen wir eine Lerneinheit, die unsere vorhandene zum Thema „Jeder Bewerber erhält eine Lehrstelle“ sinnvoll ergänzt.

Trotz unserer großen Neugier, die Lehrstellen-Aktionen insbesondere in Erfurt, aber auch bundesweit zu verfolgen, mussten wir das in jedem Herbst schon traditionell anstehende Problemfeld „Schule und weitere berufliche Ausbildung“ stark verteidigen gegen ein nach dem Jahr der Jahrhundertflut in Sachsen neu auftretendes Hochwasser im Süden von Bayern. Dies nahm und nimmt uns ebenso wie die Hurrikan-Katastrophen in den USA seit Ende August stark in Anspruch. Täglich lasen wir die Flutberichte, ausgestellt vom Hochwassernachrichten-Dienst (HnD) in Bayern, und stellten sie unseren Lernenden fast zeitgleich in einer Lerneinheit zur Verfügung. Der Titel dieser Sprachtrainings-Einheit „Hochwasserschutz“ ist noch etwas vage, beinhaltet bis jetzt aber schon den Verweis, die seit der Flutkatastrophe 2002 verstärkt geforderten Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes aus aktuellem Anlass kritisch zu überprüfen. Schon im Juni forderte der WWF anlässlich der Flussgebietskonferenz der Bundesregierung eine ehrliche Bilanz der Hochwasserschutzpolitik. Als weitere Materialgrundlage zu Sachfragen und zur Wortschatzfestigung dienen die Pressemitteilungen vom Bundesministerium für Umwelt, aktuell vom 23. August, mit der Forderung: „Hochwasserschutz nötiger denn je“, und wieder vom WWF mit der alarmierenden Fragestellung: „Vor uns die Sintflut“?, ausgehend vom Hochwasser in Bayern, Österreich und der Schweiz. Unsere thematisch fundierte Spracharbeit zu dem weltweit geforderten Handlungsfeld „Klimaschutz = Hochwasserschutz“ schafft Sicherheit, auch die Schreckensnachrichten über den Hurrikan „Katrina“ und „Rita“ in New Orleans zu verstehen und in deutscher Sprache zu verarbeiten.
Im Zusammenhang mit den Katastrophenregionen in Bayern und im USA-Bundesstaat Louisiana eröffnen wir unseren Lernenden eine umfangreiche Quelle von Sprachmaterial zur Katastrophenhilfe, die vom Technischen Hilfswerk (THW) in diesen Krisengebieten durchgeführt wurde. Neun Monate nach der Tsunami-Katastrophe in Südostasien verfolgten wir mit Sorge und Spannung, wie die THW-Einsatzteams, (sie setzen sich aus Spezialisten der Fachgruppen Wasserschaden/Pumpen und Infrastruktur zusammen), nun in den USA technische Hilfe leisten. Während in den frühen Oktobertagen diesmal die Potsdamer und ihre Gäste den Feiertag im gesamtdeutschen Kalender begingen, führten die THW-Einsatzkräfte neben den Pumparbeiten auch Instandsetzungarbeiten durch, damit die ausgefallenen Motoren der Pumpstation Orleans wieder in Betrieb genommen werden konnten.

Unser Themen-Spezial „Öffentlichkeit“ beinhaltet in den Monaten nach der Sommerpause, wie Sie sehen, nun verstärkt neben den innerdeutschen die länderübergreifenden, globalen Themen, zu denen wir zusätzlich eine Auswertung des UN-Weltgipfel in New York vom 14. – 16. September zählen. Sie steht im Kontext mit dem Sprachübungs-Angebot zu dem im Juli weltumspannenden „Life 8 Konzert“, das mit einem „Marsch der Millionen“ unter der Losung „Macht Armut zur Geschichte!“ zum G8-Gipfel im schottischen Gleneagles seinem Höhepunkt entgegenstrebte.
Wichtige Impulse für ein bedeutsames Lernen gehen von dem Stern-Interview mit Deutschlands erfolgreichem Rockstar Herbert Grönemeyer und Bono, dem Sänger der irischen Band U2, unter dem Titel aus: „Unsere Kinder werden mal fragen, was wir für Afrika getan haben“. Einer der Kernsätze Grönemeyers lautet: „Entscheidend ist doch, dass es gelungen ist, Afrika ins öffentliche Bewusstsein zurückzuholen. Gerade auch in Deutschland, wo wir uns so viel mit unseren eigenen Schwierigkeiten herumschlagen“.

Mit eigenen Schwierigkeiten schlagen sich sicher auch andere Länder herum. Unsere Deutsch-Lernenden können besser beurteilen, ob es eine typisch deutsche Eigenschaft ist, Deutschland-zentriert zu sein. Dennoch: Hier sind wir nun beim Thema angelangt, das unser Land seit dem Aufruf des Bundeskanzlers Gerhard Schröder zu Neuwahlen am 22. Mai 2005 bewegt. 15 Jahre Deutsche Einheit werden in diesem Jahr von einer schwierigen Regierungsbildung und ungewöhnlich offen einsehbaren Machtkämpfen überlagert. Auf die Frage „Hat das eine mit dem anderen zu tun?“ antwortete Lothar de Maiziere, letzter Ministerpräsident der DDR, im Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung vom 30.09.2005: „Sicherlich. Immerhin gibt es jetzt eine Partei, die bei der Bundestagswahl mit ihren knapp neun Prozent verhindert hat, dass eines der beiden bürgerlichen Lager die Mehrheit hat.“ Wie auch immer man zu dieser neuen Links-Partei steht: Es ist unverkennbar, dass entgegen allen Umfrage-Ergebnissen der unerwartete Wahlausgang - ein starkes Aufholen der SPD aus einer aussichtslosen Situation gegenüber dem Mai 2005 - die Forderung nach einem Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Dynamik und sozialer Gerechtigkeit stärker in den Mittelpunkt einer notwendigen gesellschaftlichen Veränderung gerückt wurde.

Dass die Linkspartei, die sich zunächst für die Bundestagswahl mit der WASG verband, der Parteienzusammenschluss ist noch ein laufender Prozess, ihre Wurzeln im Osten hat, bescherte dem Wahlkampf eine neu aufgeflammte Ost-West-Debatte. Sie beinhaltet zum einen eine angebliche Empfindlichkeit der Ostdeutschen gegenüber „unklugen Äußerungen“ z. B. von Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm, die auf die Frage zielen, ob die proletarische Erziehung der DDR die Menschen in der DDR nicht verroht habe. Oder die verletzenden Etikettierungen des bayrischen Ministerpräsidenten, der Angst hatte, dass die „frustierten“ Ostdeutschen die Wahl entscheiden könnten. Die Aufregung über derartige Verleumdungen war in beiden Stuben des deutschen Hauses gleich, fordern sie doch nur heraus, Missachtung, Kälte und Unverständnis Achtung, Geltung und Vertrauen entgegenzusetzen. Solche gefühlsmäßigen Haltungen, Einstellungen und Reaktionen gelten ebenso für sonstige Begegnungen von Mensch zu Mensch; also etwa auch für die mitmenschlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kind, zwischen Freunden, zwischen Betriebsangehörigen und nicht zuletzt zwischen Lehrern und Schülern. Dadurch wurde ein gesamt-gesellschafltiches Training in sozialer Kompetenz, sozialem Lernen provoziert.
Zum anderen wird einem Teil der Ostdeutschen das Recht zugestanden, „frustriert zu sein.“ Das seien nach Lothar de Maiziere in dem erwähnten MZ-Gespräch diejenigen, die „1990 zehn Jahre zu alt waren, um neu durchzustarten, und zehn Jahre zu jung, um sich in die Rente zu retten.“ Autoren der „ZEIT“ geben uns wie in jedem Jahr Orientierung im Verständnis der deutsch-deutschen Problematik. Klaus Peter Schmid und Christian Tenbrock (40/05) beschreiben „Die einsamen Inseln“, sowohl die Uckermark (in Brandenburg) als Jena (in Thüringen): „Der deutsche Osten ist nach 15 Jahren Einheit keine graue Zone. Die Arbeitslosigkeit ist allgegenwärtig, aber wer den Schleier wegzieht, entdeckt ein Land der Kontraste und Widersprüche. Insgesamt hängen die neuen Bundesländer noch immer am Tropf des Westens, aber es gibt auch die blühenden Landschaften. Und während die Uckermark zurückhängt, ist Jena auf solidem Westniveau“.
Wir vertrauen auf die Zündkraft dieses Gedankens und auch auf den Tiefgang, den er auszulösen vermag. Beim Studium der bunten Medien-Landschaft sensibilisiert er für entscheidende Punkte, wie „Auszug Ost. Immer mehr junge Frauen verlassen ihre Heimat“(SUPERillu, 40/05) oder für die materiellen Auswirkungen der deutschen Einheit, vor allem natürlich durch die hohe Arbeitslosigkeit zu vieler Menschen im Osten.

Im Spektrum des Literatur-Herbst nimmt Christa Wolf mit ihrem Buch „Mit anderem Blick“ eine etwas unerwartete Rolle ein. Welche, darüber ist im ZEIT-Interview mit der Autorin in der Nr. 40/05 nachzulesen. Am Ende des umfangreichen Gesprächs gibt uns die bekannte Schriftstellerin ihre Sicht auf die heutige Gesellschaft.
Sie ist: „Eine Gesellschaft in der Krise, die ihre Integrationskraft für ihre auseinander driftenden Bevölkerungsgruppen zunehmend verliert, und, was gefährlich ist, große Mengen ‚überflüssiger’ Menschen produziert; eine Gesellschaft, die ihren humanitären Wertekanon zugunsten neoliberaler ‚Werte’ aufzugeben beginnt, in der viele Einzelne um ihren Platz kämpfen und ihn dann zu halten versuchen“.
Christa Wolf drückt in ihren abschließenden Worten des Interviews aus, dass die Menschen heute darunter leiden.
Unsere Bitte sei, darüber nachzudenken, ob sich gegenwärtig Menschen nicht oder zu wenig gegenseitig fördern oder ermutigen.
Ein erster Gedanke wäre, anlehnend an eine Überlegung von Bertolt Brecht in seinem Drama „Galileo Galilei“: „Es setzt sich nur so viel Menschlichkeit durch, wie wir selbst durchsetzen“.
Dass wir sie wirklich praktisch leben und verstärken können,
dazu weiterhin viel Mut und Geduld.

Ihre Projektgruppe

< voriger Monat Jahresübersicht/Archiv

zum Übungskalender
nächster Monat >
Partner & Links
Welthungerhilfe

Copyright © Dr. Margret Liebezeit, 2004 - 2024. Alle Rechte vorbehalten.