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"Zum Reisen gehört Geduld, Mut, guter Humor, Vergessenheit aller häuslichen Sorgen und dass man sich durch kleine widrige Zufälle, Schwierigkeiten, böses Wetter, schlechte Kost und dergleichen nicht niederschlagen lasse."
Adolph Freiherr von Knigge (1752-1796),
Über den Umgang mit Menschen.

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Gedanken zum August 2006

Monat August
 
„Der Sommer hat die Dichter, Maler und Musiker nicht weniger inspiriert als die anderen Jahreszeiten“, schreibt Hans Bender in seinem „Sommerbuch“ vom Insel-Verlag. Seiner reichhaltigen Anthologie deutschsprachiger Literatur aus vier Jahrzehnten würden wir gern aus unserer diesjährigen Sommer-Lektüre die einführenden Zeilen von Theodor Fontanes Roman „Effi Briest“ hinzufügen: „In Front des schon seit Kurfürst Georg Wilhelm von der Familie von Briest bewohnten Herrenhauses zu Hohen-Cremmen fiel heller Sonnenschein auf die mittagsstille Dorfstraße, während nach der Park- und Gartenseite hin ein rechtwinklig angebauter Seitenflügel einen breiten Schatten erst auf einen weiß und grün quadrierten Fliesengang und dann über diesen hinaus auf ein großes, in seiner Mitte mit einer Sonnenuhr und an seinem Rande mit Canna indica und Rhabarberstauden besetzten Rondell warf.“ Ich möchte empfehlen, bitte lesen Sie hier weiter ...

„Das Sommerloch ist trotz Jahrhunderthitze ausgefallen. Der Krieg in Nahost, ein Fast-Super-GAU in Schweden und der immer noch ungelöste Atomkonflikt zwischen dem Iran und den USA halten die Welt in Atem. Den 61. Jahrestag der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki hat die IPPNW zum Anlass genommen, Bundeskanzlerin Merkel in einer Postkartenaktion dazu aufzufordern, sich für eine Abschaffung aller Atomwaffen auch auf deutschem Boden und die Beendigung der nuklearen Teilhabe einzusetzen.“ Diesen Sätzen aus dem newsletter der IPPNW gelang es, uns nach der so genannten Sommerpause, die nach obigen Worten keine war, zu unseren Monats-Gedanken zu bewegen.
Unsere sportlich interessierten Programmnutzer/-innen trafen sich zum Ausklang des Fußballereignisses des Jahres zur „WM-Party in Schwarz-Rot-Stolz“ und feierten hier ihr neues Vokabular zum Fest der Sinne: Deutschland, einig Partyland. Ausgelassen und gewissermassen undeutsch locker – wurde die WM gefeiert. Deutschland erlebte zusammen mit seinen Gästen, so wurde vielfach in der in- und ausländischen Presse betont, eine Renaissance seines Nationalgefühls. Unser Land gewann damit viele neue Freunde in der Welt und – wie auch schon vermerkt – manche neue Interessenten für die deutsche Sprache.

Nach dem turbulenten Welt-Sport-Fest fuhr so mancher in den wohlverdienten Urlaub und auch unser Sprachunternehmen führte nun schon zum 5. Mal zwei intensive Sprachwochen im Ostseebad Zinnowitz im Naturfreundehaus auf der Insel Usedom durch. Sprachunterricht am Morgen wechselt sich in diesen Tagen mit Exkursionen am Nachmittag in die Kaiserbäder Bansin, Heringsdorf oder Ahlbeck oder anderen kulturellen sowie persönlich gewählten Aktivitäten ab.
Mit unserer Sommer-Lerneinheit zur Weltkulturerbe-Stadt Stralsund waren wir auf eine Tagesfahrt in die ehrwürdige Hansestadt gut vorbereitet. Dennoch schafften wir die Reise erst beim zweiten Anlauf, denn in der dritten Juliwoche erreichte die Hitzewelle mit 37 bis 39 Grad ihren absoluten Höhepunkt. So zogen wir es vor, uns in den Nachmittagsstunden im kühlen Ostseenass zu erfrischen oder, unter einem Sonnenschirm liegend, uns von Theodor Fontane in das „Spukhaus“ nach Kessin entführen zu lassen. Dort wohnten Effi und Baron von Instetten nach ihrer Hochzeitsreise und einem Zwischenaufenthalt in Berlin. Die heutige Gemeinde Kessin an der unteren Warnow, zwei Kilometer südöstlich von Rostock, ist, so erfuhren wir, nicht identisch mit dem Kessin in Fontanes Romanschilderung. Der Schriftsteller Fontane lässt hier seine Kindheitserinnerungen an Swinemünde (heute in Polen) einfließen.

Eine deutliche Wetterabkühlung Ende Juli ließ dann die zweite Sprachreise-Gruppe mit der Usedomer Bäderbahn doch noch das „Tor zur Insel Rügen“, wie Stralsund häufig genannt wird, erreichen. Neugierig und voller Ehrfurcht beschritten wir die „Wege zur Backsteingotik“; bewunderten bei endlich etwas bewölktem Himmel das Rathaus am Alten Markt, die St. Nikolaikirche und traten in andere alte Häuser und Gemäuer ein. Sie üben immer wieder einen einzigartigen Reiz auf uns heutige Betrachter aus und lassen uns wünschen, sie zu sehen, zu berühren, von ihrem damaligen Leben zu erfahren. Frau Hinze, Mitarbeiterin des Stadtarchivs der Hansestadt Stralsund, lud uns in die „gotische Architektur mit freigelegter und transplantierter Malerei“ ein; wir folgten ihr, von den Kunstschätzen gefangen genommen, auf den Spuren der Franziskaner im Johanniskloster tief in die Geschichte dieser 750jährigen Stadt. Dabei kam die Frage auf, wie wohl diese Altstadt ausgesehen haben mag, noch heute bedürfen viele Gebäude einer aufwendigen Sanierung, bevor sie zusammen mit der historischen Altstadt Wismar im Jahr 2002 in die Welterbeliste der UNESCO-Konvention zum Schutz des Kultur- oder Naturerbes der Welt aufgenommen wurde.

Nach dem Abendessen im familienfreundlichen Speisesaal des Naturfreundehauses (sein Doppelname ist: Familienferienstätte) traf sich die Gruppe jeweils im Tagungsraum, der zugleich unser Fernsehraum war. Es gab geteilte Meinungen darüber, ob wir um 20.00 Uhr an den herrlich langen Juliabenden in unserem Sprach-Ferienkurs einfach einmal die Politik ausklammern sollten. Und auch dies - sich am Meer einmal nur zu erholen - wäre ja bei all dem Druck durch das krisengeschüttelte Weltgeschehen durchaus verständlich. Denn schon vor der Abreise aus den Heimatländern am 17. Juli standen die Meldungen über Israels Militärinvasion im Libanon nach der Entführung von zwei Soldaten durch die radikal-islamistische Hisbollah in den Nachrichtensendungen an der Spitze. Seitdem herrschten auf beiden Seiten Trauer, Tränen und Angst: Ein Mann in Baalbeck (Libanon) weint um seinen Sohn, Opfer eines Luftangriffs der Israelis. 200 Kilometer entfernt, in der israelischen Stadt Haifa, wird eine verletzte Israelin aus den Trümmern gezogen, Opfer der Hisbollah-Raketen.
Wenn man heute, Mitte August, die ausführliche SPIEGEL- Dokumentation über den eskalierten Nahostkonflikt durchgeht, stoßen wir auf die unterschiedlichen, aber alle wesentlichen Aspekte dieses Kriegsgeschehens. Der Jurist Ghali, von 1962 – 1996 Generalsekretär der Vereinten Nationen, benennt u.a. eindrucksvoll und verständlich: „Die Rolle der UNO ist beschämend.“ Im SPIEGEL-Interview mit Volkhard Windfuhr heißt es weiterhin eingangs:
 “SPIEGEL ONLINE: Mit Wut und Empörung reagieren Demonstranten in der arabischen Welt auf die Unfähigkeit der UNO, den militärischen Schlagabtausch zwischen der libanesischen Hisbollah-Miliz und der israelischen Armee zu stoppen. Verliert die Weltorganisation jetzt vollends ihre Glaubwürdigkeit?“ In der WDR-Presseclub-Notiz vom 30. 07. ist zu lesen: „Nach einem israelischen Angriff auf einen UN-Posten im Südlibanon, bei dem vier UN-Beobachter ums Leben kamen, hatte UN-Generalsekretär Kofi Annan Israel zunächst vorgeworfen, den Blauhelm-Stützpunkt absichtlich angegriffen zu haben. Eine Verurteilung Israels vom Weltsicherheitsrat in dieser Sache scheiterte jedoch am Veto der USA. In der Erklärung des Sicherheitsrates äußert man sich lediglich "tief schockiert" über den Tod der UN-Beobachter und mahnte "Israel und alle anderen beteiligten Seiten" zur Einhaltung des Völkerrechts und zum Schutz des UN -Personals.“
Die letzten Nachrichten vor Redaktionsschluss dieser „Gedanken zum August“ verlautbaren höchst widersprüchlich: „Kriegsparteien stimmen für Waffenruhe - und kämpfen weiter.“ Unserer Meinung nach kann daher nur ein humanisierender Ansatz die Situation positiv verändern, um die Glaubwürdigkeit des westlichen Demokratie-Verständnisses zu verteidigen. „Unser Image war noch nie so schlecht“, äußerte der freie Journalist, Publizist und Nahostexperte Michael Lüders in der sonntäglichen Mittagssendung vom WDR-Presseclub am 13. August zum Thema: „Ist der Krieg gegen den Terror zu gewinnen?“ Und in der „Tagesschau“ war am Abend zu vernehmen: „Die Kluft zwischen Militär und Diplomatie muss aufhören.

Die Meldungen über den verschärften Nahost-Konflikt haben nun alle Sprachkursteilnehmer in ihren Heimatländern eingeholt, und die Diskussionen über die vergangenen Kriegswochen voller Schrecken und Angst vor allem für die Zivilbevölkerung in den Krisengebieten dauern an. Einem Rätsel, das unsere Beunruhigung noch verstärkt, sind die Ärzte im Libanon auf der Spur. Sie haben Tote in ihren Kühlhäusern, deren Aussehen sie sich nicht erklären können. Die Frage ist in der Welt: Benutzt Israel geächtete Waffen? Mitarbeiter der IPPNW, der Organisation der Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V, mit deren newsletter wir unsere „August-Monatsgedanken“ begannen, stellten ihren Lesern die Adresse zu dieser erschreckenden Nachricht im Tagesspiegel Online vom 1. August zur Verfügung. Eine verstärkte Diskussion über Sachfragen der Einhaltung des Völkerrechts und Einblick in die emotionale Situation vieler Leser des Artikels finden Sie im Anschluss an jenen Artikel. Wir sind sicher, sie werden die soziale Interaktion im Sprachtraining und anderswo entzünden.

Wir leben in einer Zeit, die für Brecht - Entdeckungen günstig scheint. Zum 50. Todestag des „armen b.b.“ am 14. August wird so mancher wiederum intensiver als sonst in seinen Bücherregalen, Theaterprogrammen oder Schallplatten- und CD-Sammlungen kramen. Ich stieß dabei auf seine „Kalendergeschichten“ und dabei nahm mich vor allem die vom verwundeten Sokrates gefangen, der nicht nur „als der klügste aller Griechen, sondern auch als einer der tapfersten“ galt. Seine Tapferkeit, so lesen wir, bestand darin, dass er der Versuchung, ein Held zu werden - um den Preis seines Lebens - tapfer widerstand und dem Schlachtfeld „davonlief“. Und natürlich verehren, „loben“ wir - angesichts der Toten in den täglichen Kriegsberichten.- den Dichter für seinen Unterricht über falsches Heldentum. Unsere Beraterin, die Literaturwissenschaftllerin Dr. Christel Hartinger, schrieb mir nach der ARD-Ausstrahlung der Brecht-Gala „Ungeheuer oben!“ aus dem Berliner Ensemble in der Nacht zum 14. August gleich am nächsten Morgen, gewissermaßen in Brechtscher Manier:

Brecht 2006

Ach, wie soll ich es
Finden, dass mir sein
Vers, sein Lied und Notat
Unsere östlichen Jahrzehnte hindurch
Mahnende Erinnerung
Gewesen, jetzt aber
Nachricht sind
Akut.

Sie werden es auch erfahren, wenn Sie in Texten dieses Dichters blättern: Sie werden sich festlesen oder den Band für den Abend zurück legen ...

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