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"In Europa ging über den jahrzehntelangen Status quo des Kalten Krieges ein Erdrutsch hinweg, für den es kein Beispiel in der Geschichte gab. Seine Kraft war unaufhaltsam. Niemand hatte ihn so planen können, wie er kam. Keiner konnte klar übersehen, wo er münden würde. Um so entscheidender war es, seine Dynamik zu begreifen, ihn im Rahmen des Möglichen zu kanalisieren und auf einen guten Weg zu lenken."
Aus: Richard von Weizsäcker, Vier Zeiten. Erinnerungen, Siedler Verlag 1997, S. 369

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Gedanken zum Oktober 2006

Monat Oktober
 
Der Herbst hält Einzug. Die Farbenpracht der Wälder und Gärten offenbart uns wie in jedem Jahr einzigartige Kunstwerke der Natur. Das Grün der Bäume und Sträucher wechselt sich mit dem Rot, Gelb, Braun der Herbstpalette ab. Zwischen den Blättern leuchten die gereiften Früchte und Beeren und warten darauf, gepflückt zu werden.
Mit diesem Schauspiel einher gehen aber auch Nebel, Stürme, Regenschauer und der erste Bodenfrost. Wir überlegen nicht lange: Schnell holen wir das Fahrrad aus dem Keller oder laufen noch bei Tageslicht, in der „Tagesklarheit“, so nennt es der Lyriker Karl Krolow in seiner „Biographie des Herbstes“, um den See herum ...

„Wegen der wochenlangen Dürre gibt es in Deutschland nicht genug dicke Kartoffeln zur Herstellung von Pommes Frites“, vermeldeten Landwirte mit festen Abnahmeverträgen von Fritten- oder Chipsherstellern, die dieses Jahr teuer zukaufen müssten. In die diesjährige Ernte- und Festzeit fiel dabei noch eine andere beunruhigende Nachricht, weniger den Magen, sondern mehr die geistigen Grundlagen unserer Zivilgesellschaft betreffend: die OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ mit höchst unbefriedigenden Ergebnissen, quasi unzureichenden Ernte-Erträgen seit PISA I von 2000 und PISA II vom Jahr 2003. Diese aktuelle Information veranlasste uns, das Spektrum „Bildung & Erziehung“ in unserem Themen-Kanon weiter aufzufächern und mit einer neuen Lerneinheit einen gründlichen Blick auf die Bildungslandschaft 2006 zu werfen.
Allen, die sich mit umsehen wollen, empfehlen wir das Dossier zur OECD-Studie von „Bildung Plus“ mit dem Titel: „Note mangelhaft in Deutschland“. Schon die Überschriften der Meldungen lassen eine interessante Stimmen-Vielfalt erkennen: „’Bildung auf einen Blick’ ist Ansporn und Herausforderung“ / „Leider kein Grund zum Jubeln“; In wichtigen Feldern an Boden verloren / „Kritik des OECD-Koordinators völlig überzogen“ u.a. Da die Studie eine Vielzahl von Indikatoren zu zentralen bildungspolitischen Fragen aus einer internationalen Perspektive beleuchtet, erwarten wir eine reiche Resonanz unserer Programm/-nutzerinnen, die ihre persönlichen Erfahrungen im Schulalltag oder zur Bildungspolitik ihres Heimatlandes einbringen können bzw. möchten.
Als Vorbereitung von produktiver Sprachtätigkeit zu einer Fülle von Sachverhalten haben sich unsere Fragenkataloge bewährt. In Bezug auf das defizitäre Bildungs-Zeugnis in Deutschland wird in Frage- und Antwortblöcken versucht, das farbige Meinungsband von oben zu zerlegen und wieder so zusammenzufügen, dass am Ende ein wachsender, zunehmender Wissens- und Spracherwerb zu aktuellen Kernfragen deutscher Bildungspolitik garantiert ist. Teilergebnisse wären: Geringer Anteil von Abiturienten und Hochschulabsolventen / Mangel an hoch qualifiziertem wissenschaftlichen Nachwuchs / Fehlende Chancengleichheit und unflexibles Schulsystem. Dass insbesondere der letzte Unterpunkt „beschämend“ ist, darauf wies Bundespräsident Horst Köhler in seiner „Berliner Rede" in der Kepler Oberschule in Berlin-Neuköln hin. Wieder unterstützt ein Dossier von „Bildung Plus“ die gedankliche und sprachliche Auseinandersetzung mit diesem die Gesellschaft höchst bewegenden Thema.
Um beim Bild der Kartoffel zu bleiben und die Situation durch die Übertreibung etwas zuzuspitzen, benennen wir ein weiteres, jeden Herbst mit Sicherheit auftretendes Problem junger Menschen: „Lässt die Wirtschaft etwa die Jugendlichen wie heiße Kartoffeln fallen?“. Am 11.10. heißt es im SPIEGEL zum Thema „Immer mehr Jugendliche ohne Lehrstelle“: „Noch nie seit der Wiedervereinigung sind so viele Jugendliche ohne Lehrstelle gewesen wie in diesem Herbst. Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres waren 49.500 Bewerber ohne Stelle - Gewerkschaften und Opposition sehen den Ausbildungspakt als gescheitert an.“
Wir erinnern daran: 2004 haben die Spitzenverbände der Wirtschaft und die Bundesregierung auf drei Jahre den „Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs“ geschlossen, um Dynamik auf den Ausbildungsmarkt zu bringen. Im vergangenen Jahr kündigten wir in unseren Oktober-Gedanken an zu verfolgen, ob Politik & Wirtschaft - trotz der Umbildungsprozesse in der Regierung nach den Wahlen im September 2005 und des Wahlkampfs davor - jetzt zu ihrem Wort stehen und die Verantwortung ernst nehmen, „allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Menschen ein Angebot auf Ausbildung zu unterbreiten“.
Der Blätterwald der Herbstpresse ein Jahr nach der Wahl enthält deshalb besonders viel Kontrastfarben, weil Wirtschaftsminister Glos (CDU) z. B. behauptet, bis Ende des Jahres werde jeder der bisher unversorgten 50 000 Jugendlichen einen Ausbildungsplatz bekommen, Priska Hinz hingegen, bildungspolitische Sprecherin der Bundesfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, diese Äußerung als „kaum zu überbietende Realitätsverweigerung“ heraus stellt. Der „Streit um den Lehrstellenmangel“ wird besonders informativ und kontrovers im „Stern" dokumentiert. Volker Hartmann versetzt sich auch in die Person der jungen Menschen und beklagt: „Die Jugendlichen, die jetzt einen Ausbildungsplatz suchen, werden von widersprüchlichen Nachrichten verwirrt.“
Wie „vor Ort“ dennoch die sozial beklemmende Situation – Jugendliche bekommen keine Chance für eine qualifizierte Ausbildung und damit Lebensplanung – auch in diesem Jahr positiv überwunden wird, zeigt uns wieder die Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt. Wir hatten uns dort schon in den zwei vergangenen Jahren in der Endspurt-Phase bei den Anstrengungen um eine Lehrstelle eingeklickt und erhielten auch jetzt etwas Klarheit über Plus & Minus bei Ausbildungsoffensiven in der Region. Die IHK Erfurt teilte am 4. Oktober voller Freude die Unterzeichnung des 5000. Ausbildungsvertrages mit. Enrico Winning wird im Unternehmen TREML Automobile in Kölleda zum Automobilkaufmann ausgebildet ...

Die zwei Bereiche zur Bildung, die jeweils die Spitze unseres Herbst-Spektrums anführen, betreffen nicht nur die Sorgen der Schüler oder Auszubildenden, sondern auch die der Unternehmer/-innen selbst. Wie fühlen sich unsere ausländischen Programmnutzer/-innen beispielsweise, wenn sie lesen: „Leistungsbereite und leistungsfähige Schüler werden rar“, so der Hauptgeschäftsführer Gerald Grusser der IHK-Erfurt „Die Bildungsexperten der Kammer hätten es immer häufiger mit Bewerbern zu tun, die nur über mangelhafte schulische Vorleistungen verfügen. Damit könne bereits heute nicht mehr jeder der zur Zeit immer noch freien 402 betrieblichen Ausbildungsplätze besetzt werden“, heißt es weiter in der Meldung über Enrico Winning, die so positiv begann.
Auf die so genannte mangelnde Ausbildungsreife wird seit Jahren hingewiesen. Aus der Sicht des Handwerks formuliert es ZDH-Präsident Otto Kentzler am 22.Juni 2006 so: „Wie sollen wir Handwerksunternehmer davon überzeugen, Schulabgänger ohne ausreichende Kenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen einzustellen? Mangelnde Kulturkompetenzen, aber auch fehlende Sekundärtugenden bei den Auszubildenden - wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Ordnungsliebe – haben schon viele Unternehmer veranlasst, sich frustriert aus der Ausbildung zurückzuziehen.“
In Bezug auf erhebliche Defizite in der Leistungsbereitschaft oder in puncto „Benehmen“ lässt sich vielleicht dahingehend argumentieren: Ziel sollte es sein, Kinder und Jugendliche in allen Lebensbereichen optimal zu unterstützen, ohne sie dabei zu gängeln oder zu bevormunden. Kinder- und Jugendbildungs- und Verhaltensarmut ist ein gesellschaftliches Armutszeugnis. Dies als die soziale Interaktion herausfordernde Frage formuliert: Ist die Gesellschaft politisch-kulturell in der Bringeschuld gegenüber den Jugendlichen?

Obwohl schon im Juni vor der dramatischen Lehrstellenlücke massiv gewarnt wurde, sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel der Entwicklung der Anzahl von Ausbildungsplätzen positiv entgegen. Ihr Optimismus fußt auf den bis in den Oktober hinein dokumentierten Aufschwung in der Wirtschaft, dessen Dynamik auf den Ausbildungsmarkt übergreifen soll. Darauf zu achten, ob diese „Prophezeihung“ realistisch ist und eintritt, sind die Nutzer/-innen unseres Wirtschafts-Sprachtrainings gut vorbereitet, die seit Anfang des Jahres die Lerneinheiten zum Geschäftsklima-Index, monatlich vom ifo-Institut in München herausgegeben, systematisch durcharbeiten und von Quartal zu Quartal zu besseren Lernergebnissen kommen. Vor allem überschauen sie innerhalb eines Jahres das Auf & Ab der Geschäftslage mit Hilfe solcher Einschätzungen: „Der Aufschwung verfestigt sich (Jan.)“ / „Geschäftsklima leicht abgekühlt ( Mai)“ / „ifo Geschäftsklimaindex stabil“ (Sept.). Ergänzt werden diese Geschäftslage-Bewertungen durch Ergebnisse der monatlichen Konsumklimastudien (GfK). Sie reichen z.B. von „Stimmung im Aufschwung“ (Jan.) bis „Anschaffungsbereitschaft auf neuestem Höchststand“ im September.
Wie es um die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern steht, darüber erfahren wir im Jahresbericht „Deutsche Einheit“, vorgetragen vom Beauftragten für die neuen Länder Wolfgang Tiefensee. Bei allen positiven Meldungen aus Thüringen in Bezug auf das Ausbildungsengagement, getreu der schon sprichwortartig gebrauchten Zeile: „Im Osten kann nur noch das besser werden, was die Menschen, die dort leben, selber besser machen“ ernüchtert aber die Tatsache, dass die Arbeitslosenquote Ost im Schnitt bei 18,7 Prozent liegt. Oder, dass die NPD Anhang findet, in Mecklenburg Vorpommern nun auch im Parlament sitzt. Es mag fast zynisch klingen, der Vorzieheffekt, langlebige Produkte, wie Möbel, Kühlschränke, Waschmaschinen u.a. zu kaufen, um der beschlossenen Mehrwertsteuererhöhung ab 2007 zu entkommen, ist in Ostdeutschland besonders hoch.

In wenigen Wochen schon freuen wir uns im Advent auf das Weihnachtsfest. Aber lassen wir doch vorerst dem Herbst seine Zeit, bestaunen seine Schönheit und Eigenart.
Wie gut wäre es, wenn wir erst dann, am ersten Adventssonntag, die Schokoladen-Weihnachtsmänner und Marzipanengel begrüßen können.

Ihre Margret Liebezeit & Projektgruppe

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