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"Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin, und jage
die letzte Süße in den schweren Wein."

Aus: Rainer Maria Rilke, Herbsttag -
bitte hier weiterlesen...

zum Übungskalender
 

Gedanken zum September 2007

Monat September
 
Schon rückt der September vor. Unsere Urlaubsstimmung hält noch an. Wieder schmückt die intensiv gelb blühende Goldraute mit ihrem oft ganz braunen, aufrecht stehenden, sehr buschigem hohen Stängel die Bahngleise. Nicht nur in deutschen Landen, nein auch in Boston, Slowenien und an vielen Orten anderswo.
Wir haben uns fort gemacht, das Weite gesucht und uns „ausgelüftet“. So wie es Tonio Kröger in der gleichnamigen Erzählung von Thomas Mann im Gespräch mit seiner sympathischen Freundin Lisaweta Iwanowna vorschlägt. Indem wir unser „Reisebüchlein“ aufgeschlagen vor uns her trugen, benahmen wir uns wie bessere Fremde, die ihre Kenntnisse von Land und Leuten zu bereichern wünschten ...

Diese Jahreszeit entbehrt ja normalerweise nicht einer besonderen Hitze. Sie war aber in Deutschland nicht auf das Wetter zurückzuführen. Zumindest im deutschen Norden hat der Sommer Chancen, den Titel des verregnetsten Sommers seit Beginn der Wetteraufzeichnung zu erringen Während die Reisenden auf ihrer Zugfahrt in den wohlverdienten Urlaub dennoch wohlig ihre Füße auf dem gegenüberliegenden Sitz ausstreckten, Karten spielten, um sich die Zeit zu verkürzen, oder entspannt der vorbeieilenden Landschaft zusahen, kühlte sich die Stimmung zwischen dem Bahnvorstand und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nicht ab, sondern nahm immer höhere Temperaturen an.
 „Die Deutsche Bahn lässt uns keine Wahl. Sie hat sich bisher strikt geweigert, mit uns über einen eigenständigen Tarifvertrag für das Fahrpersonal (FPTV) zu verhandeln. Wir werden deshalb morgen von 5 bis 9 Uhr im gesamten Bundesgebiet sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr streiken.“ Mit dieser Erklärung des Bundesvorsitzenden der GDL Manfred Schell vom 2. Juli eröffneten wir die Lerneinheit zum „Tarifstreit bei der Deutschen Bahn“. Reisende, die im Streik stecken geblieben sind, Hobby-Eisenbahner und sozial und wirtschaftlich engagierte Bürger/-innen konnten sich ausführlich im Internetportal der GDL über den Verlauf der Streit- und Streiksituation mit Verantwortlichen der DB informieren. Die gesamte Medien-Landschaft im so genannten Sommerloch war vom Auf und Ab, dem Pro und Contra des erhitzten Verhandlungs-Marathons erfüllt. Kein Tag verging bis zum 9. August, an dem der ursprünglich geplante Streik im Schienengüterverkehr vom Arbeitsgericht Nürnberg untersagt worden war, an dem nicht ausführlich die Positionen beider „Betonköpfe“, so wurden die Kampf-Partner Mehdorn und Schell letztlich genannt, dargelegt wurden. Ein Beweis dafür, wie empfindlich die gesamte Öffentlichkeit auf die gefährdete Mobilität und Infrastruktur im Land reagiert.
Wir kommen nicht umhin, mitzuteilen, dass bei sorgfältigem Studium der Nachrichten die Atmosphäre, der feindselige Ton, das Verhandlungsklima zwischen Arbeitgebern und –nehmer/-innen erschreckt und zumindest auf die neue Gangart im Wettbewerb der globalen Wirtschaft aufmerksam macht.
Jemand, der täglich mit der Bahn zu seinem Arbeitsplatz, zur Schule oder zum Einkaufen fährt, fragt sich natürlich: „Warum wollen die Lokführer 30 Prozent mehr Geld?“ Neben einem eigenständigen Sparten-Tarifvertrag der GDL war dies eine Forderung, die vielleicht nach dem Lesen des folgenden Beitrags verständlich wird. Nach dem ersten Streiktag hat stern.de einen ICE-Fahrer getroffen, und wir sind froh, diesen anschaulichen Bericht hier noch abrufen zu können: „‚Lokführer zu werden war mein Kindheitstraum’, bekennt Sven Blühdorn. Aufrecht sitzend, mit gefalteten Händen und in schicker Bahnuniform erklärt der 37-jährige ICE-Fahrer, warum sein Geld nicht reicht: Er ist verheiratet, hat zwei Kinder im Alter von ein und zwei Jahren, seine Frau ist darum zu Hause und seine Steuerklasse extrem günstig. Trotzdem bleiben, je nach Schicht, nur etwa 1900 Euro übrig. ‚Da muss an allen Ecken und Enden geknappst werden. An Urlaub ist sowieso nicht zu denken’. Darum unterstützt er die Forderungen der GDL, und darum war er auch gestern auf dem Hamburger Hauptbahnhof als Streikposten. „
Nach dem gerichtlich abgesagten Streik Anfang August ließen GDL und Bahn durch die allseits geschätzten Mediatoren Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler (beide CDU) vermitteln. Kurz bevor der Waffenstillstand zwischen beiden Parteien auslief, mahnte Bahn-Chef Hartmut Mehdorn die Lokführer-Gewerkschaft trotz der inzwischen veröffentlichten erneuten Rekord-Gewinnzahlen der Bahn vom ersten Halbjahr wieder zu Zurückhaltung bei ihren Lohnforderungen.
Hier erhebt sich nun wirklich ein Bündel drängender Fragen. Zum Beispiel: Ist der wirtschaftliche Aufschwung Selbstzweck und alleiniger Gewinn für die Unternehmen? Wie lässt sich die seit zwei Jahren andauernde Konjunktureuphorie mit den berechtigten Forderungen der Arbeitnehmer, wie etwa dem ICE-Fahrer Sven Blühdorn vereinbaren? Sind nicht die Rekordjahrmeldungen 2006 und 2007, um es sprichwörtlich auszudrücken, Wasser auf die Mühlen der Lokomotivführer-Gesellschaft (GDL), deren Mitglieder etwas vom Kuchen haben möchten, zumal sich der Vorstand bestimmt wie in den anderen Jahren, die Zahlen sind veröffentlicht, gut bedienen wird? Und nicht zuletzt: Wie kann die Deutsche Bahn AG ihre glänzenden Umsatzzahlen ohne die Mitglieder der Bahn-Gewerkschaften feiern?

Das Sommerhoch der Bahn bringt das eng mit dem Bahnstreik verflochtene Streit-Thema um die Privatisierung der Deutschen Bahn auf den Tisch. „Worte zum Sonntag“ im wahrsten Sinne des Wortes enthielt die Gesprächsrunde „Strategien zur Weltverbesserung“, ausgestrahlt von Phönix, eine Wiederholung des Nachtstudios ZDf.de am Sonntag, dem 26. August. Heiner Geissler, Streikschlichter, CDU-Politiker und gleichzeitig ATTAC-Neumitglied, wurde natürlich gleich nach der Stimmung bei den Tarifverhandlungen befragt. Da bis zum 27. August Stillschweigen über die Vermittlungsgespräche bewahrt werden sollte, äußerte er sich dazu nicht. Sein Gesichtsausdruck verriet aber zumindest Verständnis für die Situation der GDL; auch beim G8-Gipfel ist er dafür eingetreten, dass in Deutschland demonstriert werden darf. Mit seiner Forderung, sich gegen die totale Ökonomisierung der Gesellschaft einzusetzen, belebte er die Fernsehrunde ungemein und gab uns damit auch das Stichwort hinsichtlich des Börsengangs von Hartmut Mehdorn. Einige Fakten seien hier eingefügt: Die geplante Teilprivatisierung, bei der der Bund mit 51 Prozent Mehrheitseigentümer bleiben soll, ist vom Bundeskabinett bereits beschlossen worden. Die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat steht noch aus. Der Haupttenor bei der Warnung vor einem Bahn-Monopol ist: Wenn allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden werde, könne dies dazu führen, dass sich die Deutsche Bahn allein auf den rentablen Fernverkehr konzentriere und den z. B. für die berufstätige Bevölkerung unentbehrlichen- Regional- und den Nahverkehr vernachlässigt.
Die gegenwärtige Diskussion über die Stromversorgung beweist: Trotz mehrerer Pannen beharren die Stromkonzerne darauf, ihre älteren Atomkraftwerke wie Krümmel und Brunsbüttel am Netz zu lassen. Die Weigerung der Atomkraftwerke-Betreiber zeigt deutlich, wie jede Privatisierung der Politik wirksame Möglichkeiten entzieht und damit der Demokratie einen Teil ihres Sinns. Alle Teilnehmenden der Sonntags-Fernsehrunde, einigten sich darauf, das ethische Fundament der Politik zu stärken, die ethische Haltung von Politiker/-innen einzufordern.

Und ein weiteres Kernthema bestimmt unseren Herbstkalender. Im September und Oktober steht die Fortsetzung der Bundeswehr-Beteiligung an der "Operation Enduring Freedom" und dem UN-mandatierten ISAF-Einsatz in Afghanistan auf der Tagesordnung im Bundestag. Eine Vielzahl der diesjährigen Veranstaltungen zum Antikriegstag befasst sich mit dem Krieg in Afghanistan und der deutschen Rolle dort, vor allem mit den Tornado-Einsätzen der Luftwaffe. Angesichts der bevorstehenden Entscheidung im Bundestag über die Verlängerung der Bundeswehreinsätze wendet sich die Friedensbewegung an die Parlamentarier/-innen, diesen Einsätzen die Zustimmung zu versagen. Insofern kann nach der Pressemitteilung des Bundesausschusses „Friedensratschlag“ in Kassel vom 27. August der Antikriegstag als "Mobilisierungstag" für die zwei Wochen später stattfindende zentrale Demonstration der Friedensbewegung in Berlin angesehen werden.
Ein Großteil der Veranstaltungen zum 1. September sind dem Terminkalender der Bonner Friedenskooperative zu entnehmen.
Ebenfalls in Bonn angesiedelt ist das BICC. Die Rede vom damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau anlässlich der Festveranstaltung "10 Jahre Bonn International Center for Conversion" im April 2004 erinnert an die Worte „Schwerter zu Pflugscharen“, die sich die Friedensbewegung der DDR auf die Fahnen geschrieben hatte. Rau prägte dabei auch den bekannten Satz: „Mit dem 11. September ist die Welt unsicherer geworden.“ Viele Staaten haben auf diese Unsicherheit mit militärischer Aufrüstung reagiert. Raus in unseren Tagen immer noch gültige Antwort darauf: „So wichtig eine handlungsfähige militärische Macht auch ist, wer allein auf sie und auf mehr Rüstung setzt, der wird keinen Erfolg haben.“ Wir empfehlen die gesamte Rede für ein „Friedens-Seminar“ von heute. Rau bestätigt: „Niemand wird ernsthaft in Frage stellen, dass das Streben nach Sicherheit eines der obersten Staatsziele ist und sein muss. Niemand wird in Frage stellen, dass der internationale Terrorismus zu einer der größten Bedrohungen des Weltfriedens seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes geworden ist.“ Er erinnert aber an die durchaus wirksame Friedenspolitik in der Vergangenheit. „Der KSZE-Prozess hat uns gelehrt, dass Vertrauen, Rüstungskontrolle und Abrüstung eine verlässlichere Grundlage für Frieden und für die internationale Sicherheit sind als Aufrüstung und Rüstungswettlauf.“ In Bezug auf den „Krieg gegen den Terror“, der seit 2001 in Afghanistan geführt wird, gilt: „Bei aller tatsächlichen Bedrohung durch den internationalen Terrorismus müssen wir zudem sehr genau darauf achten, dass wir nicht selber durch Überreaktionen das gefährden, was wir doch schützen wollen: Unsere eigene Freiheit und unsere freiheitliche Ordnung.“ Die gegenwärtige Debatte um die Online-Durchsuchungen der Bundesregierung ist nur ein Beispiel dafür.
Unsere Linksammlung zu einer Lerneinheit mit dem Focus auf Anti-Kriegs / Anti-Terrorbemühungen in der Gegenwart wird die weltweite Friedensbewegung einschließen, denn, um mit Rau zu enden, es ist „das Gebot der Stunde, die internationale Zusammenarbeit für Frieden und Sicherheit zu stärken“.
Es bleibt unbedingt in der europäischen Öffentlichkeit kritisch zu beachten, ob die beteuerte Friedenspolitik die Produktion, den enormen Handel, den Einsatz von Waffen aller Art realiter zurückdrängt. Welche Länder sind führend im Waffenexport? Wo bleibt die wirksame Brüsseler Initiative gegen die verheerenden Landminen?

Friede in unserem Heim, in der Familie, im Freundes- und Kollegenkreis. Diese Aufgabe gilt täglich. Wie wäre es mit einer „Pflaumen-Gala“ zum Spätsommer? Bei unseren Recherchen zur „Welt im Großen“ stießen wir auf die erfrischende Mitteilung: „Die Erntemengen von Pflaumen insgesamt (einschließlich Mirabellen und Renekloden) mit 63 300 Tonnen 22% und von Süßkirschen mit 34 100 Tonnen werden in diesem Jahr voraussichtlich etwa 5% über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre (1997 – 2006) liegen.“

Die „Blechkuchen-Saison“ hat also auch bei uns begonnen.
Frohes Backen und guten Appetit!

Ihre Margret Liebezeit und Projektgruppe

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