Logo
Startseite || Vorwort || Hilfe || FAQ || FAQ (English) || Kosten || Kontakt || Datenschutz || Impressum

Login
Benutzer-ID:

Kennwort:

oder
registrieren
Kalender
April März Februar Januar Dezember November Oktober September August Juli Juni Mai
Vorwort Blog Blog:Unterricht Blog:Unterwegs Methodisches Notizbuch Hilfe Tech. Support H�ufige Fragen FAQ (english) Kosten Gedanken zum Monat Partner & Links Bibliografische Hinweise Impressum
< voriger Monat Jahresübersicht/Archiv nächster Monat >

"Wer dabei war, muß erzählen. Noch im Spätsommer 1990 - da war die Mauer lange weg, die Zöllner verschwunden, die Währungsunion vollzogen - noch damals dachte ich unwillkürlich: Du fährst nachher nach Westberlin. Wieviel Geld hast du bei dir? (Um es dem Zoll erklären zu können, falls er fragte.) Hast du ein Stück Manuskript einstecken? (Das der Zoll finden könnte?) Er hatte manchmal danach gefragt oder gesucht.
Anstatt von der Straßenbahn 46 am "Nordbahnhof" in die U-Bahn umzusteigen, oder besser noch "Oranienburger Tor", blieb man sitzen, weil man schon nicht mehr wußte, wo Eingänge sich geöffnet hatten. Die Mauer im Kopf stand länger als die aus Beton.
Zum anderen hatte sich die erbaute Mauer als Grenze nie ganz im Verstand aufrichten können."
Aus: Heinz Knobloch, Michael Richter, Thomas Wenzel, "Geisterbahnhöfe. Westlinien unter Ostberlin", Ch. Links Verlag, S. 13

zum Übungskalender
 

Gedanken zum November 2003

Monat November
 
"Die Friedhöfe liegen voller Menschen, ohne die die Welt nicht leben konnte," heißt es in einem irischen Sprichwort. Die schwarzen Baumskelette auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof an der Berliner Chausseestraße strecken sich gegen den wolkenverhangenen Novemberhimmel. Ihnen haben Stürme und Regen wenig an. Hochverschlossen träumen sie vom unbesiegten Leben. In ihren Tiefen, in ihren Wurzeln werden sie sich wieder erschaffen ...

"Jede Gesellschaft merkt sich ihre Daten", lesen wir bei Heinz Knobloch, die Erinnerungen wurden bei ihm nicht zugemauert. Seitdem der Schriftsteller und Feuilletonist am 24. Juli im Alter von 77 Jahren verstarb, ist uns auf Spaziergängen, bei Recherchen besonders bewusst, "Mit beiden Augen" hinzusehen. So lautet der Titel einer Feuilleton-Sammlung, die der immer wieder lebensbejahende Autor für die in DDR-Zeiten beliebte und begehrte "Wochenpost" geschrieben hat.

Voller Tatendrang fuhr Udo Lindenberg mit seinem berühmten Sonderzug aus Pankow zu den Einheits-Feierlichkeiten diesen Jahres nach Magdeburg. Vor seiner Ankunft in dem nahe der Landeshauptstadt gelegenen Ort Barby durchbrach der Zug eine Styropor-Mauer, auf der "Powern statt Mauern" stand. Sie sollte die "Frustmauer" in den Köpfen der Menschen darstellen, gegen die der Pop-Star dann auf dem Platz vor dem Magdeburger Dom so hartnäckig und sensibel an-sang.
Wir knüpfen an unsere diesjährigen Oktober-Gedanken an, dass es in den 90er Jahren vor allem darum ging, wie sich der Osten dem Westen anpasst, die nachzuholende Modernisierung mehr oder weniger als " Einbahnstraße" verstanden wird. Mit Interesse lasen wir Überlegungen zu einem Workshop "Jugend im Systemumbruch postkommunistischer Gesellschaften" an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, in denen es heißt: "Ostler - auch jüngere Generationen - müssen im Westen ankommen. Es zeigt sich jedoch mehr und mehr, so einseitig funktioniert die Sache nicht, weil die westliche Lebensweise fragwürdig wird und krisengeschüttelt ist."
Ein differenzierender Dialog über Lebensformen der verschiedenen Generationen in beiden ehemaligen Teilen Deutschlands, vor dem Mauerfall und danach, ist also notwendig. In Jena äußerten sie auch die Hoffnung, dass die junge Generation aus den neuen osteuropäischen EU-Ländern nach dem 1. Mai 2004 innovative Impulse, eigenständige Weltsichten und Lebensorientierungen mitbringen wird. Wir stellen uns vor: Eine breite, nicht fest gepflasterte, belebte "Zweibahnstraße". Dort muss "erfahren", gelebt und trainiert werden, dass gerade die Vielfalt der Ideen und Lebensformen die Zukunft Europas ausmacht.

Magdeburg war in diesem Herbst noch einmal Schauplatz für einen Brückenschlag zwischen Ost und West. Das große Wasserstraßenkreuz in Magdeburg ist am 10. Oktober für die Binnenschifffahrt freigegeben worden. Wesentliche Teile dieser Kreuzung sind die Kanalbrücke über die Elbe und die Schleuse Hohenwarthe. Als Kernstück des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit (VDE) 17 verknüpft sie das westdeutsche mit dem ostdeutschen Kanalnetz und öffnet der modernen Binnenschifffahrt und der Freizeitschifffahrt den Weg von Hannover über Magdeburg bis Berlin.
In diesen Tagen dokumentierten wir die Schlüsselfunktion der VDE für das Zusammenwachsen Deutschlands und für den wirtschaftlichen Aufschwung vor allem in den neuen Bundesländern. Unser zweites Thema der Ost- West-Betrachtung 2002 war der Bau der Ostsee-Autobahn A 20, der Hauptverkehrsader durch Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern nach Brandenburg und weiter nach Osten, in Richtung Polen.
"Er ist einer der Höhepunkte der deutschen Ostseeküste, der Nationalpark Jasmund auf der Insel Rügen. Kreidefelsen, Moore, Trockenrasen und Buchenwälder - jedes Jahr erleben etwa 600.000 Besucher diese einzigartige Natur." Eine solche WWF-Mitteilung hörten wir gern, denn sie betrifft unsere Lerneinheit "Naturschutzgebiete in Ostdeutschland" auch aus dem letzten Jahr. Sie unterstützt unser Vorhaben, im Fremdsprachen-Natur-Unterricht mehr darüber Bescheid zu geben und auch in Deutsch benennen zu können, was in der Fauna und Flora "kreucht und fleucht", wächst und gedeiht.
Das 40. Gründungsjubiläum des Verbandes Deutscher Naturparks am 10. Oktober brachte uns weitere Kenntnis. Es lohnt sich, den Verband Deutscher Naturparks VDN anzuklicken und dort auf einer Karte die über 90 Naturparks in Deutschland zu entdecken. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes grenzüberschreitend, sowohl hin zu unseren Nachbarn im Osten und Westen als auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschlands.

In die Feiern zum 13. Jahrestag der deutschen Einheit mischten sich, wie erwartet, wirtschaftliche Misstöne. Nach Angaben des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle IWH schließt sich in Ostdeutschland noch immer nicht die so genannte Unternehmenslücke. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Betriebsgründungen je 10 000 Einwohner in Ostdeutschland weiter zurückgegangen. Zudem wurden im Osten - rein rechnerisch - im Jahr 2002 beinahe ebenso viele Betriebe und Betriebsteile, ebenfalls je 10 000 Einwohner, aufgegeben, wie gegründet wurden. Aus der vergleichenden Zahl der Betriebsgründungen und der Betriebsschließungen ist also eine positive Tendenz für die Beschäftigung, den Wettbewerb, Investitionen und das Innovationsgeschehen in den neuen Ländern nicht ablesbar (Wirtschaft im Wandel, 12/2003, S. 330).
Für uns wird dieser Fakt wichtig, wenn wir die Lerneinheit "Jeder Bewerber erhält eine Lehrstelle" vom Oktober im Auge behalten. Wenn die Arbeitslosenquote in Ostdeutschland mehr als doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern ist - ist das für uns ein Grund, die Problematik Arbeitsmarkt mit aktuellen und hintergründigen Informationen zu vertiefen; zum Thema Ausbildung in den neuen Ländern ausführlich hier beim MDR-Link.
"Renten, Schulden, Steuern. Verliert die Politik die Kontrolle?", darüber wurde am 26. Oktober im WDR-Presseclub diskutiert. Nun wird es auch für uns Programm-Gestalter ernst, Arbeitsmarkt, Gesundheit, Altersvorsorge - die " Baustellen" im deutschen Sozialstaat -, an denen die Bundesregierung in diesem Reformherbst Hand anlegt, für Sprachübungen neu aufzubereiten. Wir wollen uns dabei von dem Chaos der täglich verbreiteten Stimmungen und Vorschläge nicht beeinflussen lassen und die kritische Optik beibehalten.
Wir beginnen im November mit dem ersten Projekt der Agenda 2010, der Gesundheitsreform 2003. Zu empfehlen ist der Service des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung in Form einer Spezial-Webseite. Ein Kernelement der Reform - die neuen medizinischen Versorgungszentren -, die trotz des Abwicklungsprozesses der Polikliniken in Berlin und Brandenburg im begrenzten Umfang erhalten blieben, sollen nun Beispiel und Modell für Ärztinnen und Ärzte bundesweit werden. Mit Freude und gewisser Genugtuung stellen wir daher im November, dem Monat des beispiellosen Mauerfalls, eine neue Etappe auf der "Zweibahnstraße" zwischen den Systemen fest, wenn die Ministerin Schmidt öffentlich zugibt: "Damit wird ein Stück Ostdeutschland, von dem wir lernen können, in den Westen exportiert."

Brahms Totenmesse "Ein deutsches Requiem", die am 18. Februar 1869 erstmals in ihrer vollständigen Partitur in Leipzig aufgeführt wurde, zählt heute zu den meistgespielten Werken der Musikgeschichte. In einer kurzen Folge wollen wir mit den Lebenden, Zurückgelassenen, den Leidtragenden der Verstorbenen in diesem Jahr gedenken. Hören wir die Musik von Brahms, dann wird uns vielleicht ein wenig Trost zukommen.
Zu den Toten im weltpolitischen Leben gehört der sehr europaprofilierte, noch junge serbische Ministerpräsident Zoran Djindjic. Er wird den Veränderungsprozessen in seinem Land sehr fehlen.
Tiefe Trauer herrschte in Schweden im September um die ermordete Außenministerin Anna Lindh, die in ungewöhnlicher Weise auch als Politikerin die Normalität ihres Lebens, ihrer Familie weitergelebt hat. Ganz Europa hat um diesen Verlust zu trauern, der anzeigt, wie weit die Gleichstellungsbewegung der Geschlechter schon gelungen war.
Der frühere UN-Waffeninspekteur im Irak und Berater im Londoner Verteidigungsministerium Dr. Kelly war am 18. Juli nahe seines Wohnortes bei Oxford mit aufgeschnittener Pulsader tot aufgefunden worden. Weltweit bewegt die Menschenrechtler bis heute: Hat die Londoner Regierung mit fragwürdigen Geheimdienstinformationen die Gefahr irakischer Massenvernichtungswaffen aufgebauscht?
Aus einer in Washington veröffentlichten Studie für die unabhängige Gesellschaft "Projekt für Verteidigungsalternativen" geht hervor, dass während der Hauptkampfhandlungen im Irak-Krieg zwischen dem 19. März und Ende April rund 13.000 Iraker getötet wurden, unter ihnen 4300 Zivilisten.
Ein Schicksal sei beachtet, stellvertretend für viele, rührte die Welt: die Geschichte des 12jährigen Ali Ismaeel Abbas, der bei einem Bombenangriff in Bagdad in der Nacht zum 20. März schwere Brandwunden erlitt. Beide Arme mussten amputiert werden. In seinen Dankesworten an die Ärzte aus dem Irak und Kuwait, die während des Krieges rund um die Uhr im Einsatz waren und ihr eigenes Leben riskierten, um anderen zu helfen, überzeugte Ali die Zuhörer im Saal und vor den Bildschirmen bei der Verleihung der World Awards 2003 in Hamburg auf bewegende Weise: "Kriege sind etwas Schreckliches. Ich verstehe nicht, warum Erwachsene so etwas tun."
Sein behandelnder Arzt aus Kuwait Dr. Al-Shatti, der die Awards - Trophäe aus den Händen von Michael Gorbatschow entgegennahm, gab den internationalen Prominenten aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur sein Geheimnis, die Botschaft mit auf den Weg: Uns Ärzten gibt es eine große Befriedigung, den verletzten Menschen und Kriegsopfern zu helfen. Viel, viel wichtiger ist aber, Kriege zu verhindern, wo immer wir sind, wann immer es möglich ist.

Uns allen den Willen, uns vom Leben, vom Schicksal nicht unterkriegen zu lassen.
Uns allen das Vermögen, mit Gleichgesinnten für ein friedliches und gerechtes Leben einzustehen.

Ihre Projektgruppe

< voriger Monat Jahresübersicht/Archiv

zum Übungskalender
nächster Monat >
Partner & Links
Friedensforschung an der UNI Kassel

Copyright © Dr. Margret Liebezeit, 2004 - 2024. Alle Rechte vorbehalten.